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Die Technik der Windkraftanlagen

Aus Erneuerbare Energie 4/1997
Von Walter Leidenfrost

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Die Windkraft zu Lande wird schon seit vielen Jahrhunderten genutzt, bis vor kurzem allerdings fast ausschließlich zum Wasserpumpen und zum Getreidemalen. Die Idee, Windkraft zur Erzeugung elektrischen Stromes einzusetzen ist kaum hundert Jahre alt. Sie wurde vom Dänen Poul La Cour in die Tat umgesetzt, der mit einer umgebauten Holzmühle Strom und zu dessen Speicherung mittels Elektrolyse Wasserstoff erzeugte.

Die Umsetzung der Windenergie, also der in der bewegten Luft vorhandenen kinetischen Energie in andere Energieformen erfolgt über den Antrieb von Flügeln. Dabei wird allerdings nur ein Teil der mechanischen Windenergie umgesetzt.

Die im Wind vorhandene Leistung beträgt: Pwind=1/2*rAv3

r : Luftdichte in kg/m3
A : überstrichene Rotorfläche in m2
v : Windgeschwindigkeit in m/s

Daraus ist erkennbar, daß neben der Rotorfläche im wesentlichen das Windangebot für die Windnutzung ausschlaggebend ist. Eine Verdopplung der Windgeschwindigkeit bedeutet eine Verachtfachung der Windleistung. Wieviel Leistung tatsächlich dem Wind maximal entnommen werden kann, wurde von Betz erstmals 1926 berechnet.

Der Betzsche Leistungsfaktor beträgt: cP,Betz= (ca 59% der Windleistung).

Bis zur Umwandlung in elektrischen Strom ergeben sich weitere Verluste:

Aerodynamische durch Umströmung der Flügelenden, weiters mechanische durch Umwandlungsverluste im Triebstrang, z. B. im Getriebe und schließlich auch elektrische, sodaß der sogenannte Leistungsbeiwert, der in einer Kurve für verschiedene Windgeschwindigeiten ermittelt wird, Maximalwerte zwischen 40 und 48 % erreicht.

Moderne Windkraftanlagen mit Leistungen zwischen 10 und 1500 kW erreichen ihre Nennleistung je nach Fabrikat bei 10 – 16 m/s, schalten sich zwischen 2 und 4m/s ein und zwischen 20 und 30 m/s Windgeschwindigkeit aus Sicherheitsgründen ab. Kennt man daher die durchschnittliche spezifische Jahreswindleistung in W/m2 in Nabenhöhe, so kann für effiziente Windmühlen mit einem Durchschnittswirkungsgrad von 33 – 35 % gerechnet werden. Daraus läßt sich dann der Jahresenergieertrag in kWh grob abschätzen.

Mechanischer Aufbau von Windmühlen:

In der Geschichte der Windmühlen hat man verschiedenste Konstruktionen untersucht und erprobt. Man kann sie nach unterschiedlichen Merkmalen einteilen.

Widerstandsläufer:
Widerstandsläufer wurden in Persien und China schon vor Tausend Jahren gebaut. Heute arbeiten Schalenkreuzanemometer und der Savonius -Rotor nach diesem Prinzip. Kennzeichen dieser langsamlaufenden Anlagen ist ihre vertikale Achse und ihre geringe Effizienz.

So erreicht eine persische Windmühle maximal etwa 16 %, ein Schalenkreuzanemometer sogar nur 8 % Wirkungsgrad. Der Widerstandsläufer wird allein von der Widerstandskraft gegenüber dem Wind gespeist, das führt zu langsameren Drehungen als die Windgeschwindigkeit ausmacht. Die sogenannte Schnellaufzahl l (Verhältnis von Umfangsgeschwindigkeit an der weitest entfernten Stelle von der Drehachse zur Windgeschwindigkeit) liegt generell unter 1.

Verwendet werden Widerstandsläufer bei der Windmessung (Anemometer), Belüftung (Straßenbahnen, Abzugsrohre), und bei Kleinst- und Kleinanlagen (bis ca. 10 kW Nennleistung) für Pump- oder Stromversorgungszwecke.

Auftriebsläufer:
Schon seit etwa 700 Jahren wird der aerodynamische Auftrieb bei Windmühlen genutzt. Bockwindmühle, Holländermühle oder die Segelmühlen der Mittelmeerländer – alle haben schon in ihrer primitiven Form eine bessere Effizienz als der Widerstandsläufer.

Genutzt wird der aerodynamische Auftrieb, der selbst bei einfachen Platten, die schräg in den Wind gestellt werden zu wirken beginnt. So konnte im 18. Jahrhundert Smeaton den Maximalwirkungsgrad holländischer Mühlen mit ca 28 % bestimmen. Ein aerodynamisches Flügelprofil verbessert natürlich die Effizienz auf schon früher erwähnte 40 – 48 %.

Die Schnellaufzahl l liegt hier zwischen 1 und 15. Hohe Schnellaufzahlen führen daher zu großen Auftriebskräften, die entsprechende Drehmomente an den Flügeln auslösen, wodurch die Windenergie deutlich besser genutzt werden kann als beim Widerstandsläufer. Auftriebsläufer können Horizontal- oder Vertikalachser sein.

Mehr als 95 % aller größeren Windmühlen besitzen einen propellerartigen Rotor, sie sind daher Auftriebsläufer mit horizontaler Achse. Sonderformen mit vertikaler Achse sind der Darrieus-Rotor und der H-Darrieus- Rotor.

Der Darrieus-Rotor besitzt einen rotierenden Mast, an dessen oberen und unteren Ende zwei aerodynamisch geformte Blätter befestigt sind und mitrotieren. Getriebe und Generator befinden sich am Boden. Nachteilig ist, daß er nicht von alleine anläuft. In den USA gibt es davon einige hundert Stück im unteren Leistungsbereich.
Kurioserweise ist die Windkraftanlage mit der größten bekannten Nennleistung von 4,2 MW in Kanada ebenfalls von dieser Bauart.

In geringer Stückzahl existiert davon eine Sonderform in Europa: Beim H-Darrieus-Rotor werden drei vertikale Blätter mit Verstrebungen an die vertikale Achse angeschlossen. Versuche auch größere Anlagen dieser Art zu bauen, sind über das Prototypenstadium nicht hinaus gekommen.

Fazit: Während bei Klein- und Kleinstanlagen eine Vielzahl von Konstruktionsprinzipien im mechanischen Aufbau anzutreffen sind, ist der Prototyp einer modernen Windturbine so gut wie ausschließlich ein den Auftrieb nutzender Horizontalachser (Propellertyp) mit zwei oder drei Flügeln.

Stall- und Pitchanlagen:
Bei jeder Mühle zur elektrischen Stromgewinnung stellt sich die Frage, wie die Leistungsbegrenzung geregelt werden kann. Die konstruktiv einfachere Methode ist das Stallprinzip. Die Rotorblätter sind auf einen ganz bestimmten Winkel eingestellt, der sich nicht ändert.

Bei Überschreitung einer anlagenabhängigen Windgeschwindigkeit kommt es zum Strömungsabriß, der Auftrieb nimmt ab und der Leistungsbeiwert fällt zurück. Dieses Konzept wurde in vielen tausend Anlagen der unteren und mittleren Leistungsklasse angewendet und wird auch heute noch bei etwa der Hälfte der Anlagen im oberen Leistungsbereich ( 500 – 1000 kW) eingesetzt.

Insbesondere bei böigem Wind und knapp unterhalb der Geschwindigkeit bei der abgeschaltet werden muß (Sturmabschaltung) ist die abgegebene Leistung allerdings nur mehr schwer regelbar, sodaß die meisten Windmühlen in diesem Bereich kurzfristig deutlich über ihre Nennleistung gehen.

Bei Anlagen nach dem Pitch- Prinzip wird die Leistungsaufnahme durch eine Verstellung der Rotorblätter um ihre Längsachse der jeweiligen Windgeschwindigkeit angepaßt. Dazu werden bei aktiven Systemen eigene Stellmotoren in die Nabe eingebaut, daneben gibt es auch passive Blattwinkelverstellsyteme auf Fliehkraftbasis. Insgesamt ermöglicht dieses Verfahren eine bessere mechanische Leistungskontrolle und entlastet den Triebstrang.

Betriebsarten und elektrischer Aufbau:
Generell wird zwischen Inselanlagen und Anlagen im Netzparallelbetrieb unterschieden. Inselanlagen sind vom öffentlichen Netz getrennt und dienen meist der Stromversorgung alleinstehender Gebäude wie z. B. Alpinhütten. Um die überschüssige Windenergie zu nutzen oder bei Windmangel mit elektrischer Energie versorgt zu werden, ist eine Speicherung notwendig.

Dazu dienen Akkumulatoren, welche eine beschränkte Lebensdauer haben und dadurch den Windstrom verteuern. Aufgrund dieser Einschränkungen gibt es Inselanlagen nur im unteren Leistungsbereich bis ca. 50 kW. Zusätzlich wird ein zweites Energiesystem als Reserve notwendig- also z. B. ein Notstromaggregat, etwa ein Dieselmotor.

Windkraftanlagen im Netzparallelbetrieb nutzen das vorhandene Netz als Speicher. Sie können dabei entweder einen Teil der Eigenversorgung z. B. eines Gewerbetriebes übernehmen oder sie speisen direkt in das Netz ein. Im ersten Fall kann eine Windmühle durchaus etwa 50 % des Eigenstrombedarfes abdecken, ist aber an den windmäßig oftmals nicht ganz idealen Standort des Betriebes gebunden.

Als reine Netzeinspeiseanlagen kann eine Anlage überall dort errichtet weden, wo neben dem entsprechenden Windangebot die Infrastruktur (Zuwegung, Mittelspannungsnetz mit 20 oder 30 kV) vorhanden oder mit geringem Aufwand herstellbar ist. Große Anlagen ab 500 kW Nennleistung werden so gut wie ausschließlich als direkte Netzeinspeiser betrieben.

Windkraftanlagen im unteren Leistungsbereich:
Der überwiegende Teil der Kleinst- und Kleinanlagen bis 10 kW Nennleistung erzeugt mit einem Permanentmagnet und einem Synchrongenerator Gleich- oder Wechselstrom und ist getriebelos. Die Drehzahl ist zumeist variabel. Verwendung finden diese Anlagen im Inselbetrieb bei Widerstandsheizungen oder mittels Laderegler zum Aufladen von Batterien.
Nur wenige Anlagenfabrikate in diesem Leistungsbereich sind für den Netzparallelbetrieb geeiget, da dazu ein zum Netz mit konstanter Frequenz synchroner Wechselstrom erzeugt werden muß. Zwischen 10 und etwa 50 kW Nennleistung kommen Anlagenprinzipien sowohl von den Klein- als auch Großanlagen (siehe nachfolgenden Abschnitt) zur Anwendung.

Windkraftanlagen im mittleren und oberen Leistungsbereich:
Insbesondere durch die große Nachfrage nach Windkraftanlagen seit Anfang der 80er Jahre in den USA, konnte sich im Leistungsbereich zwischen 50 und 250 kW zunächst das „klassische “ dänische Konzept durchsetzen. Diese Anlagen sind mit einem Asynchrongenerator mit Kurzschlußläufer ausgestattet, ermöglichen eine oder zwei feste Drehzahlen und verfügen über ein starres Blatt (Stall-Prinzip).

Wird der Rotor bei zwei Drehzahlen betrieben, so dient die kleinere Drehzahl für den Schwachwindbereich mit etwa 20 % der Nennleistung. Um die notwendige Netzfrequenz zu erhalten, ist eine Polumschaltung erforderlich. Asynchrongeneratoren benötigen zum Aufbau ihres Magnetfeldes sogenannte Magnetisierungsblindleistung aus dem Netz.

Dabei sollte der Leistungsfaktor cos j einen Durchschnittswert von 0,9 (= ca 48 % Blindleistungsanteil an der Scheinleistung) nicht unterschreiten. Der Vorteil dieses Konzepts, das von einzelnen Firmen bis zum Megawattbereich weiter beibehalten wurde, ist sein relativ einfacher mechanischer und elektrischer Aufbau.

Asynchrongeneratoranlagen mit Pitchregelung:
Eine Erweiterung des dänischen Konzepts stellt die Verwendung von drehbaren Rotorblättern (Pitch- Prinzip) zur zusätzlichen Leistungsregelung dar. Als Hauptbremse zur Sturmabschaltung dient die Drehung des gesamtem Blattes in Windfahnenstellung. Auch nach diesem Konzept wurden weltweit mehrere tausend Anlagen gefertigt.

Asynchrongeneratoranlagen mit variabler Drehzahl:
Ohne zusätzlichem elektronischen Aufwand können netzgekoppelte Asynchrongeneratoren nur mit nahezu festen Drehzahlen betrieben werden. Da variable Drehzahlen die mechanischen Belastungen verringern, wurden verschiedene Möglichkeiten zur Entkopplung von Rotordrehzahl und Netzfrequenz verwirklicht. Eine Möglichkeit besteht darin, zunächst den Wechselstrom in einem Zwischenkreis in Gleichstrom umzuwandeln, dieser speist dann einen dreiphasigen Wechselrichter, der synchron zum Netz die entsprechende Wechselspannung liefert. Eine weitere Möglichkeit stellt der sogenannte „doppeltgespeiste Asynchrongenerator“ dar.

Bei diesem Konzept ist der Generator als Schleifringläufer ausgeführt, und der Läufer wird netzunabhängig über einen Frequenzumrichter gespeist. Der Leistungsfaktor cos j ist beliebig einstellbar. Dieses Konzept wird derzeit auch von einer österreichischen Firma erprobt. Eine Lösung mit semivariabler Drehzahl stellt die elektronische Erweiterung des Schlupfes dar.

Dabei wird die Drehzahl im Nennleistungsbereich auf etwa 10 % variabel erweitert, um Windböen abzufangen und kurzzeitig in der Rotationsenergie der Blätter zu speichern.

Synchrongeneratoren mit variabler Drehzahl:
Während bei kleinen Anlagen Synchrongeneratoren für Batterieladung oder für elektrische Widerstandsheizungen häufig Verwendung finden, ist die Anwendung solcher Generatoren beim Netzparallelbetrieb und für große Leistungen erst seit wenigen Jahren in Verwendung. Bei einer direkten Verbindung von Synchrongenerator mit dem Netz muß dieser drehzahlstarr verbunden werden. Das bedeutet einen hohen Meß- und Regelaufwand, um die Synchronisation Netz – Drehzahl herzustellen und zu halten. Weiters sind weiche Kopplungen von Generator und Rotor nötig, um beim Zuschalten Beschädigungen zu vermeiden. Daher sind Synchrongeneratoren größerer Nennleistung drehzahlvariabel mit dem Netz gekoppelt, womit in einem großen Drehzahlbereich mit optimalem Leistungsbeiwert gefahren werden kann.

Die dazu notwendige Entkopplung der Drehstromsysteme von Generator und Netz erfolgt über leistungselektronische Bauteile. Insbesondere getriebelose Anlagen mit großem Ringgenerator, Gleichspannungszwischenkreis und geregeltem Pulsweitenwechselrichter haben deutliche Marktanteile bei Großanlagen erworben.

Die jüngste Entwicklung bei getriebelosen Synchronmaschinen stellt die Erzeugung des Magnetfeldes durch hochpolige Permanentmagnete dar, ein System, das theoretisch eine sehr hohe Effizienz verspricht, da dadurch auch etwaige Erregerverluste wegfallen.

Abschließend sei angemerkt, daß von den Windkraftfirmen derzeit fast jährlich Verbesserungen bzw. Verfeinerungen der angeführten elektrischen Konzepte vorgestellt werden. Es bleibt abzuwarten, ob sie nebeneinander bestehen bleiben oder eines letztendlich marktbeherrschend wird.

Literatur:
R. Gasch: Windkraftanlagen: Grundlagen und Entwurf, 2. Auflage
B.G. Teubner Stuttgart,1995
Mag. Walter Leidenfrost ist Vorstandsmitglied der IG- Windkraft Österreich.

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